High Heels – sicherer Tod oder Revival?


    Mit spitzer Feder …


    (Bild: zVg)

    Mit Anfang 20 denkt man, dass sich einige Dinge nie ändern werden: Freundschaften halten ein Leben lang, man bekommt niemals Falten und graue Haare – und solange man sich auf den Beinen halten kann, läuft man in High Heels durch die Welt. Rund 15 Jahre später haben sich einige Freundschaften in Luft aufgelöst, dafür zieren Falten und graue Haare immer mehr das Äussere. Und die High Heels landen gerade in Päckchen an Frauen, die noch daran glauben, mit ihnen glücklich werden zu können. Marilyn Monroe soll mal gesagt haben: «Gib einer Frau die richtigen Schuhe und sie kann die Welt erobern.» Nun war auch die talentierte Marilyn nicht unbedingt für ihr praktisches Schuhwerk bekannt, sondern dafür, einen Absatz ihrer hochhackigen Schuhe kürzen zu lassen, um ihren Hüftschwung noch stärker zu betonen. Immerhin hat sie damit tatsächlich die Welt erobert. Die Welt erobert hat auch das Coronavirus und damit die High Heels aus dem Strassenbild verdrängt. Es ist offensichtlich, dass seit dem Lockdown vermehrt flache Schuhe zum Zug kommen. Nach 20 Corona-Monaten fragen sich Frauen – worüber sich Männer übrigens schon längst wundern – warum sie freiwillig Schuhe mit hohen Absätzen tragen. Warum sie Schmerzen in Kauf nehmen für mehr Attraktivität. Nun mit den diversen Anlässen, Konzerten und Events sind die Möglichkeiten wieder da, die schönen, hohen Absatzschuhe zu präsentieren. Bloss fühlen sie sich für viele Frauen plötzlich zu eng und klein an. Ist dies Einbildung oder schmerzen sie mehr als früher? Die hohen Hacken fühlen sich unbequemer denn je an – so scheint es jedenfalls, wenn man die zahlreichen Passantinnen auf der Strasse beobachtet.

    Dass hohe Hacken und Komfort sich in der Regel ausschliessen, ist ja nichts Neues: Absatzschuhe führen zu verkürzter Wadenmuskulatur, deformierten Zehen, Hallux, Arthrose im Kniegelenk und so weiter. Ausserdem steigt die Gefahr für Zerrungen, Verstauchungen und Frakturen, wenn man High Heels trägt. Das ist der Tenor verschiedener Studien. Aus gesundheitlicher Sicht spricht also Vieles gegen Absätze. Allerdings können sie auch entscheidende Vorteile haben: Sie lassen einen grösser und attraktiver wirken – nicht nur wegen den zusätzlichen Zentimetern, sondern auch wegen der Körperhaltung. Gemäss einer Studie der ETH-Zürich nimmt beim Gehen demnach die typische S-förmige Krümmung der Wirbelsäule ab. Je höher der Absatz, desto gerader der Rücken und aufrechter der Gang. Und das wirkt sich auf die Anziehungskraft, wie wir längst wissen.

    An High Heels scheiden sich die Geister. Die einen stilisieren sie zu einer Art anti-feministisches Folterinstrument, das nicht nur die Bewegungsfreiheit von Frauen einschränkt, sondern auch noch der Gesundheit immens schadet. Die anderen wiederum sehen sie als Zeichen von Stärke, Selbstbewusstsein und modischem Mut. Die Frage, ob High Heels noch eine Zukunft haben oder gar jemals wieder richtig modern sein können, die gab es natürlich schon vor der Pandemie. Frauen, die mit der Mode gehen, haben den High Heels schon länger abgeschworen und sind auf Loafer, Sneaker oder klobige Stiefel umgestiegen. Auch die breite Masse hat inzwischen den Reiz der flachen Sohlen für sich entdeckt, die Nachfrage ist überproportional hoch. Ein baldiges Comeback der High Heels zeichnet sich vorerst einzig in «Sex an The City»-Neuauflage «And Just Like That» ab, die im Dezember startet. Nun ich bedaure das sehr. High Heels sind für mich, die grossen Wert auf Ästhetik legt, eine optische Offenbarung – einfach unvergänglich schöne, edle Klassiker. Ich wünschte es sehr, dass dies so bleibt.

    Letztes Jahr im Zuge von Jogginghosen-Looks und Zoom-Kleidung überschlugen sich die Medien bei der Frage, wie es jetzt mit hohen Hacken weitergehen solle – und kamen nicht selten zum Schluss, dass sie nun endgültig ihrem Ende geweiht seien. Doch ist das wirklich so? Nicht wenige Trendforscher prophezeien für die Zeit nach der Pandemie neue Goldene Zwanziger. Ein Jahrzehnt voller Hedonismus, Vergnügungssucht und Glamour. Ein Jahrzehnt wie gemacht für High Heels, oder? Die Symbolkraft von High Heels wird sich womöglich wandeln, zu einem Ausdruck aller Sehnsüchte, die in der Pandemiezeit zurückstecken mussten. Sie könnten Freizeitschuhe sein, nichts Offizielles mehr. Wahrscheinlich ist auch, dass bequeme Heels noch bedeutender werden, also solche mit moderaten Absatzhöhen und Absätzen, die vielleicht nicht so dünn wie ein Stiletto sind.

    Herzlichst,
    Ihre Corinne Remund
    Verlagsredaktorin

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